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Korrelation impliziert keine Kausalität (cum hoc ergo propter hoc)

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Wenn man über statistisch belegbare Zusammenhänge stolpert, stolpert man auch oft darüber, dass eine Korrelation noch keine Kausalität bedeutet. Wenn man eine absolut zufällige Menge von Menschen auswählt, kann man zum Beispiel unwiderlegbar zeigen, dass mit höherem Testosteronspiegel statistisch gesehen größere Füße einhergehen.

Der geübte Leser wird das Problem schnell erkennen: Männer haben im Schnitt einen höheren Testosteronspiegel und größere Füße als Frauen. (Das bei einer zufälligen Auswahl auch Kinder vorkommen werden, sollte man übrigens auch nicht vergessen).

Sehr amüsant auch die Erkenntnis, dass die Lernleistung eines Schülers von der Länge des Bücherregals in seinem Kinderzimmer abhängt.

Im Englischen Raum ist das Ganze sogar ein geflügeltes Wort “Correlation does not imply causation”, das in Diskussionen zu diversen Ergüssen in den Medien gerne mal in den Raum geworfen wird. Das “deutsche” Pendant “cum hoc ergo propter hoc” ist im Vergleich wohl eher unbekannt. Vermutlich, weil der lateinische Text nicht so zugänglich ist.

Die Phrase trifft sicher oft genug zu: wenn man eine merkwürdige Folgerung aufgrund von Korrelation sieht, kann man sich fragen, ob dieser Grundsatz nicht zutrifft. Man muss aber auch umgekehrt vorsichtig sein. Auch wenn aus Korrelation nicht direkt Kausalität gefolgert werden kann, kann sie doch einen Hinweis geben, dass da irgendwo ein Zusammenhang vorhanden ist. Was sich nicht prinzipiell ausschließt, könnte ebenso eine kausale Beziehung haben.

Nicht unbedingt der, den man direkt gefunden hat, sondern ein anderer; die gefundene Korrelation gibt dann nur einen Hinweis auf die Existenz/Art der zugrunde liegenden Kausalität. Im obigen Fall erscheint es logisch anzunehmen, dass ein längeres Bücherregal einfach bedeutet, dass das Kind mehr Bücher hat, mehr liest und vielleicht auch einfach mehr lernt. Stößt man also auf eine solche Korrelation, die zwar unsinnig scheint, kann man trotzdem weitere Untersuchungen anstellen, um den Grund zu finden. Im Beispiel mit dem Testosteron und den Füßen muss man dahinterkommen, dass man zwei Gruppen (unter Berücksichtigung des Alters natürlich), Männer und Frauen, hat, die man getrennt betrachten muss.

Der Autor Daniel Engber hat sich nun (unter anderem) mit der Frage beschäftigt, wer als Erster die Englische Phrase geprägt hat.

Er suchte dabei in von Google digitalisierten Büchern nach dem Auftauchen von Varianten von “correlation does not imply causality” (rot), die offenbar um 1890 auftauchten. Das lateinische “cum hoc ergo propter hoc” (blau) betrachtete er jedoch nicht; eine google Books Suche findet es bereits in einem Werk von 1739. Dieses vereinzelte Ergebnis sieht man im Diagramm auf der Seite nicht.

Er folgert aus der zeitlichen Korrelation, dass das Auftauchen der Phrase und die danach steigende Häufigkeit der Nutzung wohl mit dem Korrelationskoeffizienten, der vom ideologisch ziemlich braunen britischen Mathematiker Karl Pearson ausformuliert wurde, zusammenhängt. Pearson war der erste, der das Prinzip in mathematisch klare Form goss.

Der Korrelationskoeffizient ist dabei dem Betrage nach eine Zahl zwischen 0 und 1, die quasi die Stärke der Korrelation beschreibt. Je näher der Wert bei 0 liegt, desto kleiner der lineare Zusammenhang. Bei 1 hätte man einen sicheren Zusammenhang.

Mit der Einführung der mathematischen Grundlage für Korrelation als “Beweismittel”, von der Pearson selbst wusste, dass sie problematisch sein konnte:

All causation as we have defined it is correlation, but the converse is not necessarily true, i.e. where we find correlation we cannot always predict causation. In a mixed African population of Kaffirs and Europeans, the former may be more subject to smallpox, yet it would be useless to assert darkness of skin (and not absence of vaccination) as a cause.

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wurde es auch wichtiger, auf das Problem dabei hinzuweisen.

Seitdem ist die Nutzung der Phrase, zumindest der Englischen, immer stärker gestiegen. Offenbar kennen immer mehr Menschen diesen Argumentationsfehler und weisen daraufhin.


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